Kairo ist ein Moloch und das tägliche Leben für die meisten der 20 Millionen Einwohner ein Kampf. Ende vergangenen Jahres fragten sich zwei ägyptische Freunde, der eine Fotograf der andere Koch, wie es wohl einem Superhelden in Kairo ergehen würde. Eine Idee war geboren und von nun an lief der Koch als Spiderman verkleidet durch die Straßen Kairos. Er rannte hinter überfüllten Bussen her, drängte sich in die übervolle U-Bahn, lief durch Volksviertel, rauchte auf Häuserdächern Wasserpfeife und ließ sich bei all dem fotografieren. Am Ende musste sogar Spiderman zugeben, dass man ein Superheld sein muss, um in dieser Stadt zu überleben. Die Aktion wurde ein viraler Hit, die Fotos tausendfach auf sozialen Medien geteilt. Das Leben in Kairo auch Kampf bedeutet, zeigen auch mehrere Studien. Der so genannte „Where-to-be-born“-Index des Economist misst zum Beispiel, an welchem Ort der Welt man am besten geboren wird, um ein glückliches Leben zu führen. Ägypten ist es der Studie zufolge nicht. Das Land am Nil landet auf Platz 60 von 80. Neulich las ich dann in einem ägyptischen Online-Magazin, dass das Forschungsunternehmen Gallup untersucht hat, in welchem Land dieser Erde die Menschen am positivsten und in welchen am negativsten sind. Der Index habe untersucht, inwieweit die Menschen in den verschiedenen Ländern Stress, Wut, Trauer, körperlichen Schmerz und Sorge erfahren. Den höchsten negativen Erfahrungsindex hat der Studie zufolge der Irak, gefolgt von Iran. Platz drei teilen sich Griechenland und Ägypten. Damit wäre Ägypten das dritt-negativste Land der Welt. Das die Stimmung im Land schlecht ist, ist auch ein viel debattiertes Thema in meinem Freundeskreis. Es ist auch kein Wunder, die politische- und wirtschaftliche Misere des Landes macht den Menschen zu schaffen, Korruption, schlechte Bildung und keine wirkliche Perspektive, dass sich in der nächsten Zeit etwas an der Situation ändern wird, lassen die Menschen verzweifeln. Es herrscht kollektive Depression. Jedenfalls scheint es so. Dabei sind die Ägypter im Grunde ein so fröhliches Volk. Der Witz der Ägypter ist in der arabischen Welt berüchtigt. Doch in einem Land, in dem der beliebteste Satiriker der arabischen Welt nicht mehr auf Sendung geht, weil es einigen Menschen in diesem Land nicht passt, wenn über sie Witze gemacht werden, kann einem ja nur das Lachen vergehen. Ich warte täglich darauf, dass Bassem Youssef wieder auf Sendung geht. Dann wäre die Witzkultur des Landes gerettet und die nächste Studie kann kommen. Denn eines ist sicher, wenn Machthaber erlauben, dass über sie Witze gemacht werden, dann geht es mit einem Land auch sonst bergauf.