Letzte Woche irgendwo in Deutschland. Ein Ägypter und ein Deutscher sitzen in einem Hotel beim Frühstück. Plötzlich fällt der Strom aus. Der Deutsche schreckt von seinem Müsli auf: „Strom weg!“ Der Ägypter schaut ihn erstaunt an und fragt etwas gelangweilt: „Ja, und?“
Stromausfälle gehören für die Ägypter mittlerweile zum Alltag. Im Sommer, der dieses Jahr besonders heißt und lang war, fiel der Strom täglich für mehrere Stunden aus. Nicht nur in den Armenvierteln, sondern auch in den Gegenden, wo die Reichen und Schönen wohnen. Stromausfall bei über 40 Grad bedeutet, dass keine Klimaanlage, kein Ventilator, kein Kühlschrank und auch das Internet nicht funktionieren. Wer seine Computer und Telefone nicht rechtzeitig vollgeladen hat, steht ohne jegliche Verbindung zur Außenwelt da. Normalität herrscht so selten, auch Arbeiten geht nur eingeschränkt. Die ohnehin schon angeschlagene ägyptische Wirtschaft leidet noch mehr und die Menschen werden mürbe gemacht.
An einem heißen Morgen Anfang September saß ich im Goethe-Institut für die Recherche einer Geschichte. Bei mir zu Hause war der Strom schon früh am Morgen ausgefallen. Ich war also froh, das Haus zu verlassen. Was ich bis dahin nicht wusste war, dass gleich zwei Umspannwerke an diesem Morgen ausgefallen waren und ganze Teile des Landes ohne Strom waren. Zwei U-Bahn-Linien waren ausgefallen, tausende Menschen steckten fest und kamen viel zu spät zur Arbeit. Das eh schon chaotische Kairo war noch chaotischer als sonst. Zu besagtem Termin im Goethe-Institut trudelten die Teilnehmer nur langsam ein. Gegen Mittag fiel auch dort der Strom aus. Niemand nahm davon Notiz. Es wurde einfach weitergemacht im Programm. Erst als vier Stunden später der Strom immer noch nicht wieder da war und es langsam dämmrig wurde, mussten wir uns einen helleren Raum suchen, um noch unsere Notizen lesen zu können. Der beliebteste Mann an diesem Tag war derjenige, der seine portable Ladestation dabei hatte, mit der sich elektronische Geräte wie Tablets und Telefone aufladen lassen. Ich schaue mich mittlerweile bei jedem Flug zurück nach Kairo im Duty Free nach so einer Station um. Besonders toll finde ich die kleinen runden Teile, die wahlweise in Pink, Hellblau und Gold angeboten werden und aussehen wie Lippenstifte. Perfekt für die Damenhandtasche einer Frau von Welt! So verbringe ich die Wartezeit am Flughafen. Die Zeiten, als ich mich durch die Kosmetikabteilung gecremt habe, sind vorbei. Ladegeräte sind meine eine Obsession zurzeit. Die andere ist die Frage der Bevölkerungsexplosion, die ich prophezeie. Denn der Strom fällt mit Vorliebe abends aus, wenn alle zu Hause sind. Lesen und Fernsehschauen fällt also flach. Wetten, dass ich im kommenden Jahr über den sich anbahnenden Babyboom berichten werde!?