WM-Fieber

Endlich hat die Fußball WM in Brasilien begonnen. Ich bin mit einem Fußball-verrückten, ägyptischen Papa aufgewachsen der uns beigebracht hat gegen einen Ball zu treten, bevor wir richtig laufen konnten. Mein Vater hat auch nie ein wichtiges – oder auch unwichtiges – Spiel verpasst und wir haben gerne mitgeschaut. Ich liebe dieses Spiel also seit Kindesbeinen, kann fast alle Regeln erklären und habe während des Studiums in London selbst im Uni-Team gekickt. Mittlerweile schaue ich mir das Spiel lieber vom Sofa aus an und besonders gerne dann, wenn auf so hohem Niveau gespielt wird wie bei der Weltmeisterschaft. Nur leider konnte ich bisher kaum Spiele anschauen, erst recht nicht von meinem Sofa aus. Denn ARD und ZDF haben aus lizensrechtlichen Gründen ihre Übertragung über den Satelliten einstellen müssen und auch sonst bekomme ich keinen Sender rein, der frei ausstrahlt. FIFA sein Dank. Hier ein sehr sehenswertes Video zum Thema FIFA und Sepp Blatter, an den ich seitdem nur noch im Zusammenhang mit Dagobert Duck denken kann. John Oliver spricht mir aus der Seele – und ist dabei auch noch unglaublich witzig. O-Ton: „FIFA ist einfach entsetzlich. Und dennoch, hier ist ihre Stärke: Ich freue mich trotzdem so unglaublich auf die Weltmeisterschaft.“

http://www.youtube.com/watch?v=DlJEt2KU33I

Ich müsste mir also – damit FIFA noch mehr Geld verdient – einen Dekoder für die arabischen Sportsender kaufen oder in eines der zahlreichen Cafes oder Restaurants in Kairo gehen, die eben solchen haben und alle Spiele zeigen. Leider habe ich bisher noch niemanden finden können, der Lust auf Fußball hat. Alleine in einem Restaurant Fußball zu schauen ist dann doch etwas seltsam. Vor allem in Ägypten – als Frau. Ich hätte niemals vermutet, dass es in meinem Bekanntenkreis kaum Fußballbegeisterte gibt. Wie geht das denn? Wie kann man überhaupt Fußball nicht toll finden? Ich dachte immer, die Ägypter seien Fußball-verrückt. Im Libanon hätte ich das Problem bestimmt nicht gehabt. Als ich neulich zu Besuch war, ist der Libanon in Vorfreude auf das Spektakel in Brasilien fast in einem Fahnenmeer ersoffen. Überall die Fahnen der teilnehmenden Mannschaften, an Häuserwänden und vor allem an fast allen Autos. Kein Platz am liebsten Spielzeug der Libanesen, an dem man keine Fahne anbringen könnte: Um den Außenspiegel gewickelt, im Fenster, als Wimpel oder gleich über den gesamten Kotflügel gespannt. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele deutsche Fahnen auf so engem Raum gesehen. Einer hatte auf seinen Kotflügel sogar die Zeder, das Nationalsymbol des Libanons geklebt, allerdings in den deutschen Farben statt den rot-weiß-grünen des Libanons. Würde im Libanon abgestimmt, wer Weltmeister werden soll, würde bestimmt Deutschland gewinnen. Das macht mir das Land ja noch sympathischer, als es mir ohnehin schon ist.

Heute Abend werde ich mir das Auftaktspiel der deutschen Mannschaft gegen Portugal im Hof des Goethe-Instituts in Downtown auf Großleinwand anschauen. Es wird kaltes Bier geben, viele Fußballbegeisterte und die Vorfreude ist groß. Endlich geht es los. Mein Tipp: Deutschland gewinnt 2:1 und eines der beiden Tore schießt mein Lieblingsspieler Thomas Müller. Wetten?