Die Ägypter haben ein unerschütterliches Gottvertrauen. Das lässt sich ganz besonders gut im Straßenverkehr beobachten. Es kommt immer alles so, wie es geschrieben steht. Gott wird sich um alles kümmern und seine schützende Hand über uns legen. Deshalb kann man auch getrost auf Autobahnen im Rückwärtsgang zurück zur gerade verpassten Ausfahrt fahren oder gar wenden, weil sich ein Stau gebildet hat und man dann doch lieber in die andere Richtung fahren möchte. Alles kein Problem. Auch Fußgänger, Eselskarren und Fahrradfahrer benutzen gerne die Autobahn und Busse halten einfach irgendwo, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. Vor kurzem war ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder auf dem Sinai. Die Tage am Strand waren wunderbar, das Wasser und die Luft klar und ich habe mich herrlich erholt. Wenn da nicht die Rückreise mit dem Auto gewesen wäre. Die Straßen in den Sinai gehören zu den gefährlichsten in ganz Ägypten, obwohl sicher ist es nirgendwo. Ein Regierungsbericht aus dem Jahr 2014 hat erfasst, dass es zwischen 2008 und 2012 100.000 Autounfälle in Ägypten gegeben hat, bei denen 33.000 Menschen ums Leben kamen und 150.000 verletzt wurden. Ägypten gehört zu den gefährlichsten Ländern, wenn es um Straßensicherheit geht. Es grenzt also an ein Wunder, dass ich bisher heil geblieben bin, kann ich da nur sagen. Neben Krebs und Herzkrankheiten sind Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache in Ägypten. Auf dem Rückweg aus dem Sinai habe ich dem lieben Gott des Öfteren inständig für seine schützende Hand gedankt. Lastwagenfahrer überholen zum Beispiel ständig und wann immer sie gerade Lust haben. Ob da ein Auto auf der Gegenfahrbahn entgegen kommt, ist relativ egal. Eine kleine Lichthupe und schon ist das Problem gelöst. Denn natürlich gibt der Klügere – und in dem Fall der Schwächere – nach. Überhaupt: die Lichthupe. Gern benutzt von den Ägyptern als Kommunikationsmittel, vor allem auf Überlandstraßen beliebt. Weil hier hört man ja die normale Hupe – sonst im Straßenverkehr für die Kommunikation zuständig – kaum. Lichthupe fürs Hallo-Sagen, Danke-Sagen, für Beschimpfungen und das berühmte „Hallo-hier-komm-ich“. Sehr irritierend, wenn man mit deutscher Mentalität an die Sache heran geht. Ich fuhr mit Freunden im Konvoi. Ich vorneweg. Plötzlich schaltet der Freund im Wagen hinter mir die Warnblinkanlage an. Ich natürlich sofort an den Rand gefahren um zu sehen, was passiert ist. Verdutze Gesichter. Er wollte nur einem Wagen auf der anderen Straßenseite hallo sagen. Ach so. Mir ist auf dieser Reise eines klar geworden: Egal wie lang ich in Ägypten lebe, bestimmte Dinge werde ich nie verstehen.

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